Der Winter schafft es, uns in kürzester Zeit zu verzaubern. Eis und Schnee verwandeln die Natur in glitzernde Märchenlandschaften. Doch woraus besteht eigentlich diese weiße Pracht? Wie entstehen Schneekristalle und Schneeflocken und warum ist der Schnee weiß?
Viele dieser Fragen beschäftigten schon vor 100 Jahren Wilson Bentley. Der US Amerikaner war Farmer, Fotograf und Schneeforscher. Er fotografierte bereits ab dem Jahr 1885 über 5000 verschiedene Schneekristalle. Unser Schnee besteht also aus vielen kleinen Eiskristallen, die oft stark verzweigt sind. Häufig ist die Form der Schneekristalle sechseckig und kommt durch die Kristallgitter-Struktur der Wassermoleküle zustande. Die genaue Form der Schneeflocken ist weiterhin abhängig von der Temperatur und dem Grad der Luftfeuchtigkeit, der bei der Entstehung vorherrscht.
Wirklich faszinierend ist, dass keine Schneeflocke der anderen gleicht. Denn jedes Eiskristall legt seine ganz eigene Reise zur Erde zurück und erlebt dabei verschiedene Temperaturen und Luftmassen, welche für die unterschiedlichen Strukturen verantwortlich sind.
Und warum gibt es dann zusätzlich noch große und kleine Flocken, fragen wir uns? Das hängt nun wieder von der Temperatur ab. Kleine Flocken rieseln vom Himmel, wenn es kälter als -5° C ist. Denn dann verbinden sich die einzelnen Kristalle schlechter. Wenn es aber wärmer als -5° C ist, bilden sich große Schneeflocken.
Und dann bleibt noch die Frage: Wie kommt jetzt die Farbe zustande? Ebenso wie Wassertropfen sind Schneeflocken eigentlich farblos. Trifft das weiße Sonnenlicht auf die Kristalle, reflektieren diese das Licht und somit erscheint der Schnee ebenfalls weiß. Schneekristalle wirken also wie kleine Spiegel.
Und dann ist Schnee ja nicht gleich Schnee. Wir fragen unseren Experten von ASI (Alpinschule Innsbruck), Bergführer Wolfgang “Wolfi“ Schupfe:
Welche unterschiedlichen Arten von Schnee gibt es und was bedeutet das für uns?
- Neuschnee ist frisch gefallener Schnee, der nicht älter als 24 Stunden ist. Wenn man genau hinsieht kann man hier auch noch Eiskristalle entdecken.
- Für das Bauen von Schneemännern oder eine anständige Schneeballschlacht eignet sich am besten Feuchtschnee. Dieser ist, wenn man ihn zusammendrückt, sehr stabil und hält gut zusammen.
- Sulz, auch Nassschnee genannt, ist schwer und wie der Name schon sagt auch nass. Durch vielfaches Schmelzen und Gefrieren von Nassschnee entsteht Sulzschnee.
- Wenn durch Schmelzen und Gefrieren eine harte Schneeoberfläche entsteht, unter der wir aber noch pulvrigen Schnee vorfinden, dann haben wir es mit Bruchharsch zu tun. Für Skifahrer ist dieser Schnee wohl die größte Herausforderung.
Und wo beziehst du Informationen rund um das Thema Schnee? Service-Seiten Internet, etc.?
Die wichtigste Seite ist für mich der jeweilige Lawinenlagebericht des Gebietes. Auch die Seite des Forschungsinstitutes von Davos in der Schweiz ist sehr informativ. Weiteres sind sie ein fixer Bestandteil für Informationsgespräche mit Bergführerkollegen und Hüttenwirten. Und während der Tour lese ich die Oberfläche der Schneedecke! Von wo kommt der Wind, entstehen Risse während des Spurens, wie ist die Beschaffenheit des Schnees usw.
Wie viele Stunden beschäftigst du dich im Jahr mit dem Thema Schnee, bzw. wie viele Tage verbringst du selber im Schnee?
Da ich mitten in den Hohen Tauern lebe, bestimmt der Schnee im Winter, aber auch im Sommer meine Arbeit als Bergführer! Kaum ist der erste massive Schneefall vorbei und die Schneedecke hatte Zeit sich zu setzen, zieht es mich in die Berge zum Skitouren gehen. Ob alleine oder mit Gästen bin ich im Schnitt von Ende November bis Mai im Schnee unterwegs und erlebe spannende Situationen mit dem wunderbaren Element Schnee.
Und gibt es auch einen Buchtipp, Lieblingslektüre oder ein Lehrbuch das du empfiehlt?
PRAXIS ist das beste Lehrbuch! Ich erlebe lieber die Materie Schnee und befasse mich damit beim Schneeprofil graben oder beim Rutschblock Test.
Buchtipps:
Werner Munter, 3×3 (sehr komplexes Buch über Lawinenkunde.)
Rudi Mair, Patrick Nairz, LAWINEN (sehr Lehrreich mit Beispielen)
Charly Gabl, LAWINENHANDBUCH (Alt, aber immer noch gut)
Als Bergführer kommst du ja um das Thema Schnee nicht herum. Warum ist die Schneestruktur und der Schneeaufbau für dich so wichtig?
Schnee ist eine spannende Materie, bereits wenige Grade Änderung in der Hangexposition und du hast komplett andere Verhältnisse. Auch die Tageszeit spielt eine große Rolle. Es kommen bei einer Skitour oder auch beim Schneeschuhwandern so viele Inputs auf einen zu, die verarbeitet gehören. Daraus die richtige Entscheidung zu treffen, ist dann das Sahnehäubchen. Ein Restrisiko bleibt immer, deshalb sollte man laufend weitere Beurteilungen einholen. Und sich immer auf eine Strategie festlegen, damit man dieses Restrisiko so auf ein Minimum reduziert, dass das Aha-Erlebnis dennoch groß ist.
Und gibt es dein ganz persönliches Wintermärchen?
Ich lebe gerade mein Wintermärchen!
Für die nächsten Wochen darf ich ASI Gäste bei Skitouren auf den Lofoten und Lyngen Alps in Norwegen begleiten! So wie letztes Jahr bekommen die Gäste den Genuss, von den Gipfeln bis zum Meer ihre Schwünge zu ziehen. Aber auch die Durchquerung des Berner Oberlandes oder Ortler Gebietes, sowie die Besteigung des Großglockners im Winter zählen zu meinen absoluten Highlights im Winter.
Vielen Dank Wolfi und weiterhin viel Spaß bei deinen Touren!