Dürfen Hersteller Amazon ausschließen?

Jetzt entscheidet der Europäische Gerichtshof


Frankfurt a. M./Düsseldorf. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss darüber entscheiden, ob Hersteller ihren Vertriebspartnern innerhalb selektiver Vertriebssysteme den Verkauf über Drittplattformen wie Amazon verbieten dürfen. Wie markt intern/Düsseldorf berichtet, hat das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. heute (19.04.2016) beschlossen, diese für viele Markenhersteller und Fachhändler existentielle Frage dem EuGH zur Vorab-Entscheidung vorzulegen. In dieser zwischen Gerichten und Bundeskartellamt höchst strittigen Rechtsfrage dürfte damit binnen absehbarer Frist Rechtssicherheit einkehren.

Im vorliegenden Verfahren hatte der Parfümhersteller Coty, u. a. Lizenznehmer von Marken wie Adidas oder Davidoff, gegen einen Vertriebspartner geklagt, dem er vorwarf, entgegen den qualitativen Bestimmungen seines selektiven Vertriebssystems via Amazon verkauft zu haben. Während Coty vor dem Landgericht Frankfurt noch unterlag, gibt das OLG die Frage nun zur Entscheidung an den EuGH weiter. Am 22. Dezember 2015 hatte der gleiche Senat des OLG Frankfurt entschieden, dass der Rucksackhersteller Deuter den Verkauf seiner Produkte via Amazon untersagen darf. Inzwischen ist dieser Rechtsstreit vor dem Bundesgerichtshof anhängig. Während das selektive Vertriebssystem von Deuter auf den deutschen Markt gerichtet ist und deshalb hier der BGH entscheiden muss, wendet sich Coty mit seinem Vertriebssystem dezidiert an den europäischen Markt.

 Dr. Andreas Leistikow, Chefredakteur des Brancheninformationsbriefs markt intern-“Parfümerie/Kosmetik”, begrüßt die Entscheidung des OLG Frankfurt: “Der durch unautorisierte Anbieter im eCommerce entstandene Wildwuchs führt bei hochwertigen Markenartikeln zur Beeinträchtigung des Image – leider nicht nur online, sondern auch offline. Image und Verlässlichkeit sind jedoch Funktionen, die Markenartikel erfüllen müssen, um wettbewerbsfähig zu sein. Mit dem jetzt vorliegenden Beschluss steigen daher auch die Aussichten für den partnerschaftlichen Vertrieb durch servicestarke Vertriebsformen wie dem inhabergeführten Parfümerie-Facheinzelhandel. Dies ist auch im Interesse der Verbraucher. Deshalb ist zu hoffen, dass der Europäische Gerichtshof sich der Vorlagefragen umgehend annehmen und die fehlende Rechtssicherheit in diesem Bereich schleunigst zugunsten des von Coty praktizierten Depot-Vertriebs beenden wird.” 

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