Der Winter naht und jeder E-Bike-Fahrer macht sich die gleichen Gedanken: Wie komme ich mit meinem neuen Elektroflitzer unbeschadet durch die kalte Jahreszeit? Was ist mit Schnee, Matsch und Kälte? Der pressedienst-fahrrad gibt dafür einige hilfreiche Tipps.
[pd-f/tg] Durchfahren oder Einlagern? Wer mit seinem Fahrrad gern im Winter fährt, kann dies selbstverständlich auch mit dem E-Bike tun. Es gibt es keinen Grund, das Elektrorad stehen zu lassen. „Aus technischer Sicht sind E-Bikes auch für den Einsatz bei strengen Temperaturen gemacht. Sogar bei uns in den Schweizer Bergen fahren einige Kollegen mit dem E-Bike im Winter zur Arbeit. Allerdings sollte man einige Besonderheiten beachten“, meint Anja Knaus, Sprecherin des E-Bike-Pioniers Flyer.
Akku bei Zimmertemperatur laden
Aufgrund der niedrigeren Temperaturen kann der Akku im Winter unter Umständen nicht mehr seine volle Leistung abrufen. Da die Akkus erst einmal auf Temperatur gebracht werden müssen, verbrauchen sie schon ab dem Start mehr Energie als bei warmen Bedingungen. Dadurch verringert sich die Reichweite gegenüber einer Fahrt im Sommer; Obacht also bei Langstreckenfahrten! „Das ist ein bekanntes Problem der Lithium-Ionen-Technologie, das sich aber mit ein paar Tricks abmildern lässt“, so Marijke von Dijk, Marketingmanagerin beim niederländischen Radspezialisten Koga. Die Expertin rät, Akkus immer bei Raumtemperatur zu laden und sie erst bei Fahrtantritt an das Rad zu stecken. Während der Fahrt kann zudem eine spezielle Neopren- Hülle (z. B. „Akku Cover“ von Fahrer Berlin für 39 Euro) über den Akku gezogen werden, die ihn auf Temperatur hält und auch vor Nässe oder Streusalz schützt. Bei längeren Pausen in Innenräumen hilft es, den Akku vom Rad mitzunehmen, damit er nicht auskühlt. Die elektrischen Kontakte sollte man dann vor Feuchtigkeit zu schützen. Dabei hilft beispielsweise die „Electric Cap“ (ab 14,50 Euro), ebenfalls von Fahrer Berlin. Die Kappe wird als Abdeckung über die Anschlusskontakte gesteckt. Für den Schutz des Lenker-Displays vor Dreck und Kälte bietet der Accessoires-Spezialist mit dem „Remote Unit Cover“ ebenfalls noch ein kleines Helferlein an (ab 14,50 Euro).
Kette und Schaltung pflegen
Sind die elektronischen Teile geschützt, kann man sich Kette und Schaltung widmen. „Ein E-Bike unterscheidet sich bei der Durchführung der Pflege von Antriebskomponenten kaum von einem herkömmlichen Fahrrad. Aufgrund der höheren technischen Belastung auf die Antriebskomponenten sollte allerdings ein höheres Augenmerk auf die Pflege gelegt werden“, meint Tom Specht, Sprecher der Schweinfurter Winora Group. Das „Ice Wax 2.0“ von Pedro’s (14,90 Euro für 100 Milliliter) etwa sorgt für eine lange Pflege gerade bei kalten Temperaturen und ist zudem noch biologisch abbaubar. Einfach die Kette am Winteranfang einmal einölen und nach Bedarf erneuern. „Gute Pflegemittel gewährleisten eine Schutzwirkung über mehrere Monate. Streusalz kann den Komponenten aber trotz guter Schmierung zusetzen. Deshalb darf man im Winter auch gerne einmal nacharbeiten“, erklärt Daniel Gareus vom Markenvertreiber Cosmic Sports.
Die wartungsarme Alternative
Mehr und mehr E-Bike-Hersteller setzen jedoch auf einen wartungsarmen Carbonriemenantrieb als Alternative zur Fahrradkette. „Es war ein ausdrücklicher Wunsch unserer Kunden, dass wir mehr Räder mit Riemen anbieten“, sagt Anja Knaus. Der Carbonriemen braucht kein Öl und ist nicht so anfällig gegenüber Schmutz. Zudem hält er laut Marktführer Gates zwei- bis dreimal so lang wie eine Kette. „Speziell bei E-Bikes mit Mittelmotoren sind die Ketten hohen Belastungen ausgesetzt. Der Riemenantrieb läuft hier reibungsloser und verschleißt auch bei kälteren Temperaturen nicht so schnell“, verrät Frank Schneider, Ansprechpartner von Gates in Deutschland. Für den Winterfahrer zusätzlich denkbar: Eine Zentralgetriebeschaltung in Kombination mit einem Hinterradnabenmotor, wie sie beispielsweise beim Tourenrad „VK 12E“ von Velotraum (ab 4.890 Euro) verbaut werden kann. Anders als beim Mittelmotor ist durch diese Kombination die Kraft des Fahrers von der Motorunterstützung am Hinterrad entkoppelt. Dies hat zur Folge, dass, laut Getriebehersteller Pinion, effizienter, sanfter und ohne elektronische Unterbrechung des Motors geschaltet wird und der Verschleiß an den Komponenten geringer ist. „Zudem ist durch den gekapselten, kompakten Aufbau des Zentralgetriebes die Schaltung komplett geschützt vor Witterungseinflüssen wie Salz, Regen oder Matsch und kommt ohne Wartung durch den Winter“, beschreibt Andrea Escher von Pinion einen weiteren Vorteil. Ähnliches gelte für den Hinterradnabenmotor. „Beim Thema Wartungsfreiheit sind die zwei gekapselten Systeme letztlich überlegen“, ist Escher überzeugt. Für Alltagsradler und E-Biker mit hoher Kilometerleistung biete sich deshalb eine Getriebeschaltung an. „Die Wahl des Antriebssystems bleibt aber eine individuelle Entscheidung mit spezifischen Vor- oder Nachteilen beider Systeme“, meint Marijke von Dijk, deren Unternehmen E-Bikes sowohl mit Heck- als auch Mittelmotoren im Angebot führt.
Kein Spike-Reifen fürs S-Pedelec
Für den richtigen Grip auf Schnee und Eis können E-Bikes genau wie Fahrräder mit Winter- und Spike-Reifen ausgestattet werden. „S-Pedelecs, die bis 45 km/h schieben, sind allerdings ein Sonderfall: Sie zählen zur Gruppe der Kleinkrafträder. Deshalb müssen die Reifen in Deutschland eine Mindestprofiltiefe von einem Millimeter aufweisen und Spike-Reifen sind nicht zugelassen“, erklärt Doris Klytta, Marketingmanagerin bei Schwalbe. Mit dem „Marathon GT 365“ (39,90 Euro pro Reifen) bietet der Reifenspezialist etwa einen Ganzjahresreifen (auch für E-Bikes und S-Pedelecs) mit speziellem Compound, der auch bei Matsch und Schnee Sicherheit gewährleistet. Damit ist ein Umrüsten auf einen Spike-Reifen (außer auf Eis) kaum mehr notwendig.
Nicht im Turbomodus über Schnee brettern
Um das E-Bike im Winter sicher zu steuern, bedarf es wie beim Fahrrad etwas Training. „Auf Schnee oder bei Regen reagiert das Elektrorad beispielsweise beim Beschleunigen oder bei schnellen Kurvenfahrten anders als bei trockenen Bedingungen“, weiß Alltagsradler Stefan Stiener, Geschäftsführer von Velotraum. Die höheren Geschwindigkeiten der E-Bikes tragen dazu bei, dass es schneller als gewöhnlich zu brenzligen Situation kommen kann. Deshalb sollte man sich lieber vorsichtig an die neuen Bedingungen herantasten, als gleich im Turbomodus durch den Winter zu düsen. „Eine vorsichtige Übungsrunde zu drehen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Beweis, dass man sich der schwierigeren Fahrsituation bewusst ist. Wer mehr tun will, bucht ein spezielles Fahrsicherheitstraining für E-Biker“, ergänzt Specht. Ein einfacher Tipp ist, den Sattel etwas niedriger einzustellen. „Dadurch erreicht der Fahrer den Boden schneller, was ihm mehr Sicherheit in engen Situationen bringt“, erklärt Lara Cunico vom Sattelspezialisten Selle Royal. Spezielle E-Bike-Sättel wie der neue „E-Zone“ von Selle Royal (89,90 Euro) sind so konstruiert, dass E-Biker möglichst stabil auf dem Rad sitzen. Dafür sorgen eine kurze Nase, ein längeres, stark hochgezogenes Hinterteil sowie kräftige Flügel. Der E-Zone ist zusätzlich mit einem Griff ausgestattet, damit Tragepassagen leichter absolviert werden können.
Akkus richtig einlagern
Wer im Winter lieber gar nicht mit dem E-Bike fahren möchte, der sollte sich über das richtige Einlagern schon vorab Gedanken machen. „Bei allen unseren Rädern lassen sich die Akkus direkt am Rad lagern oder sind entnehmbar. Somit kann auch im Winter, wenn man nicht fahren möchte, der Akku problemlos in der warmen und trockenen Wohnung gelagert werden“, meint Markus Riese, Gründer und Geschäftsführer von Riese & Müller. E-Bikes sollten, wie Fahrräder eigentlich immer, an trockenen, überdachten Orten wie einem Keller, Hauseingang oder in einem Gartenschuppen geparkt werden. Premiumlösungen wie beispielsweise die „Bike Box“ von WSM (ab ca. 1.000 Euro) finden mittlerweile immer öfter Platz im Vorgarten oder auch vor Mietshäusern. „Grundsätzlich empfehlen wir immer das E-Bike über den Winter nicht auf offener Straße stehen zu lassen. Wer keinen trockenen Lagerplatz hat, für den empfiehlt sich die Abdeckung mit einer geeigneten Plane. Der Akku sollte hierbei idealerweise entfernt werden“, unterstreicht Markus Riese die Bedeutung des richtigen Abstellplatzes. Der Akku sollte immer mit mindestens 50 Prozent Restwert geladen sein, bevor das Rad in den Winterurlaub geht. „Da der Akku jedoch hin und wieder bei Nichtgebrauch etwas Strom abbaut, bitte über den Winter immer wieder einmal den Ladezustand kontrollieren“, rät Anja Knaus. Ein tiefentladener Akku kann beim Start in den Frühling zu Frust führen und muss im schlimmsten Fall getauscht werden – und das kann schnell teuer werden.