Arlberg Untracked

Wenn die bekannten Tiefschneerouten am legendären Arlberg längst wie weiße Kartoffeläcker durchpflügt sind, dann funkelt der nordseitige Tiefschnee in Warth-Schröcken noch in seiner unberührten Reinheit. Ein Plädoyer für die „ruhige Seite“ des Schneelochs Arlberg.

Prominenz hat auch ihre Schattenseiten. Nicht nur bei Schauspielern und Sportlern, sondern auch bei Skigebieten. Bestes Beispiel: der Arlberg. Hier zwischen Innsbruck, Allgäu und Bodensee wurde vor gut hundert Jahren das Skifahren mit fester Bindung – so wie wir es heute kennen – erfunden. Spielfilme wie „Das Wunder des Schneeschuhs“ von 1920 und „Der weiße Rausch“ von 1933 transportierten später die „Neue Weißheit“ vom Arlberg in die Lichtspielhäuser Europas. Und nach dem Zweiten Weltkrieg begründete die Erschließung der Riesenhänge des Arlbergs durch Seilbahnen und Skilifte den Wohlstand von St. Anton, Lech & Co. Damals wie heute legendär: der regelmäßige Neuschnee, der hier allwinterlich aus den Wolken rieseln. Jährliche Gesamtschneesummen von knapp elf Metern sind in Warth-Schröcken der Durchschnitt! Kein Wunder also, dass der Arlberg vor allem eines ist: das gefragteste Tiefschneerevier der Ostalpen.

Warth-Schröcken: Die ruhige Seite der Medaille glänzt länger in der Wintersonne.

Knapp acht Milliarden Menschen kennen die Vorderseite des Mondes. Seine Rückseite kennen nur die 21 Astronauten des Apollo-Programms. Ganz so krass ist das Verhältnis Vorder- und Rückseite des Arlberg zwar nicht, aber eines ist trotzdem klar: Die allermeisten Powder-Aficionados zieht es bei Neuschneealarm nach St. Anton, Stuben oder Zürs. Ruhiger geht es dagegen auf der Rückseite des Arlbergs zu – in den beiden 200-Seelen-Dörfern Warth und Schröcken. An deren nordseitigen Traumhängen bleibt der Schnee länger unberührt. Noch ein echter Geheimtipp. Die lokalen Guides haben nicht umsonst den Ruf, immer noch ein gutes Plätzchen für frische Powderschwünge zu finden. Wer sich ihnen anschließt, dem knistert an Neuschneetagen bis zum Liftschluss um vier nichts als der unverspurte Tiefschnee unter den breiten Latten.

High-Snowciety: Schnee-Rekordhalter Warth-Schröcken

Auch wenn sich der gesamte Arlberg kaum über Schneemangel beklagen braucht, rieselt am Körbersee, mitten im Skigebiet von Warth-Schröcken, doch noch eine Skibreite mehr als „unten“ in St. Anton vom Himmel. Mit durchschnittlich 11 Meter Schneefall pro Saison gilt Warth-Schröcken als schneereichstes Skigebiet der Alpen. Und wie gesagt, die meisten Hänge sind Nordhänge, das hält den Schnee über Tage frisch und locker. Wenn sich also das nächste Mal ein fettes Tiefdruckgebiet aus Skandinavien nähert, dann gilt es: ab an den Arlberg! Aber auf seine ruhige Seite. Nach Warth und Schröcken.

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